Was wollen Sie dafür tun, dass die „Charta“ für Dresden erfolgreich umgesetzt wird?

Die Umsetzung dieser Charta wird für mich als Oberbürgermeisterin Chefinnensache sein und ich werde ihre Ziele gemeinsam mit der*dem Gleichstellungsbeauftragten in der Öffentlichkeit und Stadtrat vertreten. Verwaltungsintern wird die*der Gleichstellungsbeauftrage anders als bisher zu den gleichstellungsrelevanten Fragen in meiner Dienstberatung und in den Beratungen mit den einzelnen Beigeordneten und Führungskräften einbezogen und mit den für eine ausreichende Wirkung erforderlichen Kapazitäten und Arbeitsmöglichkeiten ausgestattet.

Wie stehen Sie zu einer Evaluation und beteiligungsbasierten Weiterentwicklung des Aktionsplans?

Eine Evaluation mit breiter Beteiligung halte ich für dringend und unverzichtbar. Sie sollte mit einem konkreten Zeitplan für fortgeführte und neue Maßnahmen verbunden sein und Fortschritte ebenso wie Defizite der Gleichstellung klar und öffentlich benennen. Als Oberbürgermeisterin werde ich den Austausch zur Gleichstellungsarbeit auch auf internationale Kontakte der Stadt ausdehnen, z. B. in unsere Partnerstädte wie Wroclaw und Brazzaville.

Als Oberbürgermeisterin werde ich die rechtliche Umsetzung der geschlechtlichen Vielfalt – z. B. der der Umsetzung der Geschlechtseinträge im Bürgeramt – kontrollieren.Ich werde für die soziale Anerkennung durch geeignete Maßnahmen der Richtliniengestaltung und Weiterbildung mit genügend Empathie innerhalb der Stadtverwaltung und für die öffentlichen Angebote sorgen. In der Öffentlichkeits-, Presse- und Beratungsarbeit der Stadtverwaltung sorge ich für geeignete Maßnahmen der Aufklärung und Beratung für Betroffene und ihre Angehörige. Schließlich will ich, dass sich die Stadtverwaltung mit anderen Aktiven (Verbänden, öffentliche und private Arbeitgeber*innen) für eine Gleichstellung aller Geschlechter einsetzt.

Wie sehen Sie die finanzielle Situation der bestehenden Gleichstellungsprojekte in Dresden? Halten Sie diese für ausreichend?

Diese Projekte waren bereits vor der Pandemie nicht üppig finanziert und sind – wenn es nun besonders darum geht, auch die Folgen der Pandemie zu bekämpfen – unterfinanziert. Diese Situation will ich mit einer ausreichenden, mehrjährigen Finanzierung angehen; dabei aber auch im Blick haben, dass es auch neue Angebote geben kann, die auch öffentlich mitfinanziert werden müssen.

Wie werden Sie die bestehenden geschlechtsspezifischen Strukturen, Träger und Maßnahmen für Gleichstellung (Frauenprojekte, Männerprojekte, Projekte für LSBTIQ1 , Migrationsprojekte) sichern und fördern?

Als Oberbürgermeisterin werde ich besonders auf den Bedarf der verschiedenen geschlechtsspezifischen Beratungs- und Unterstützungsangebote achten, sie rechtzeitig vor den Haushaltsberatungen evaluieren lassen und Vorschläge zur erforderlichen Sicherung und Förderung der Angebote unterbreiten. Die jeweiligen Beauftragten insbesondere für Migration und für Gleichstellung werden mir zu allen Fragen direkt und persönlich ihre Empfehlungen und Rückmeldungen geben.

Ich setze mich außerdem auf Landesebene für eine Verstetigung der Förderung des Grundbedarfes an queeren Bildungsangeboten und eine Verankerung im Landeshaushalt ein.

1 LSBTIQ* steht als Akronym für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* sowie queere Menschen

Was werden Sie für die Vielfalt und Erweiterung der Rollenbilder tun?

Als Oberbürgermeisterin will ich für eine gute Vorbildrolle der Stadtverwaltung sorgen, indem ich ein Vielfaltskonzept für die Stadtverwaltung erarbeiten lasse, durch das es insbesondere dazu kommt, dass Menschen migrantischer Herkunft und verschiedener Rollenbilder sowohl in der Stadtgesellschaft auch in der Stadtverwaltung vertreten sind. Dazu sollen Maßnahmen wie bezahlte Praktika, Quereinstiegsmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Aktivbewerbung ebenso dienen wie Weiterbildungs- und Hospitationsangebote zur Erweiterung der Sichtweisen innerhalb der Stadtverwaltung.
Nicht zuletzt möchte ich hier meine eigene Biografie einbringen: ich bin sehr gern Mutter von zwei Kindern und habe meine eigene, schwerbehinderte Mutter bis zu ihrem Tode zu Hause gepflegt – und dennoch habe ich mich dank geteilter Familienarbeit mit meinem Partner beruflich und als Führungskraft weiterentwickeln können.

Wie werden Sie dafür sorgen, dass diese gesellschaftlich anerkannt und gelebt werden können?

Von der eigenen Vorbildrolle der Stadtverwaltung aus will ich als Oberbürgermeisterin die Vielfalt der Menschen und Geschlechterrollen in unserer Stadt zeigen, Vorbehalte ausräumen und die persönliche Identität stärken. Dazu möchte ich von der Stadtspitze aus in einem breiten Netzwerk in der Stadtgesellschaft und mit der Wirtschaft arbeiten und wissenschaftliche Erkenntnisse einbeziehen.

Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung vor Diskriminierung und Gewalt in Dresden, insbesondere im öffentlichen Raum, geschützt werden?

Die jährlich stattfindenden Wochen gegen Rassismus und die Interkulturellen Tage unterstütze ich als Oberbürgermeisterin in ihrer ganzen Themenvielfalt, damit Vorurteile abgebaut und Zusammenhalt gestärkt wird. Die Arbeit der Beratungsstellen (ADB, Antidiskrimminierungstelle der Gleichstellungsbeauftragten im Rathaus) ist wichtig für die Beratung Betroffener. Zivilgesellschaft zu stärken heißt für mich auch das BÜNDNIS gegen Rassismus stärken.

Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass sich die Institutionen der LH Dresden für deren Interessen und Bedarfe öffnen und vorhandene Barrieren abgebaut werden? Was werden Sie gegen Alltagsrassismus (z.B. bei Job- und Wohnraumsuche) tun?

In diesem Bereich hat sich das Integrationskonzept der Landeshauptstadt Dresden konkrete Ziele gesetzt, an denen in der Verwaltung gemeinsam weitergearbeitet werden muss. Zum Start meiner Amtszeit im Herbst 2022 will ich externe Fachleute, Initiativen und Betroffene gemeinsam mit der Stadtverwaltung zu einem Integrationskongress einladen, in dem wir beraten und gemeinsam definieren, wo wir in der Stadt stehen und was wir gegen Alltagsrassismus und für Integration tun müssen. Diese gemeinsamen Ziele werden dann regelmäßig öffentlich evaluiert.

Welche Ideen wollen Sie umsetzen, damit sich Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung in alle gesellschaftlichen Bereiche des Dresdner Stadtlebens gleichberechtigt einbringen können und diese aktiv mit ihren vielfältigen Erfahrungen und Perspektiven mitgestalten können?

Eine moderne lebendige Demokratie zeichnet sich besonders auf kommunaler Ebene dadurch aus, dass die Bürgerinnen und Bürger gehört werden und die Möglichkeit haben, sich mit ihren Bedürfnissen und Meinungen in die Gestaltungsprozesse vor Ort zu beteiligen sowie einzubringen – und zwar unabhängig von ihrem Einkommen oder Bildungsstand. Deshalb werde ich eine im Bereich der Oberbürgermeisterin angesiedelte, ressortübergreifende „StabsstelleBürger*innenbeteiligung“ schaffen und ein Konzept für die Stadtverwaltung zur Erarbeitung niedrigschwelliger Beteiligungsangebote sowie geeigneter digitaler Formate entwickeln.

Setzen Sie sich dafür ein, dass dauerhaft in Dresden lebende Migrant*innen an Kommunalwahlen teilnehmen können?

Ja, denn Mitbestimmung fördert Integration. Dafür habe ich mich bereits im Sächsischen Landtag in meiner Zeit als Landtagsabgeordnete eingesetzt, denn das kann nur über ein Landesgesetz geregelt werden. Als Oberbürgermeisterin werde ich hier weiter Druck machen.